In diesem Jahr hält uns BTV-3 in Atem. Die Blauzungenkrankheit ist eine nicht ansteckende Erkrankung der Wiederkäuer. Die Übertragung des “Bluetongue-Virus” (kurz: BTV) erfolgt ausschließlich über infizierte Gnitzen der Gattung Culicoides. Empfänglich für die Tierseuche sind alle Wiederkäuer, wie Rinder, Schafe, Ziegen und Wildwiederkäuer, aber auch Kameliden. Für den Menschen ist die Tierseuche ungefährlich.
Wie breitet sich BTV aus?
Die Weiterverbreitung des Blauzungenvirus besteht
- durch die Einschleppung infizierter Vektoren mit dem Handel und Verkehr oder
- durch den Handel mit infizierten Tieren, deren Sperma, Embryonen und Eizellen
- durch Ausbreitung lebender, infizierter Vektoren (Gnitzen) durch den Wind
Seit September 2023 wurden erstmals seit Jahren Fälle von BTV in den Niederlanden nachgewiesen und im Oktober 2023 auch in Deutschland. Dabei handelt es sich um den neuen Serotyp 3. Bis dahin waren in Deutschland nur die Serotypen 4 und 8 bekannt. Da es bis Mitte 2024 keinen Impfstoff gegen BTV-3 gab und Tiere dementsprechend keinen Impfschutz hatten, steigen seit Oktober 2023 die Nachweise von BTV-3 in Deutschland, seit Juli 2024 rasant. Alleine von Juli zu August hat sich die Zahl der registrierten Infektionen mehr als vervierfacht (Quelle: Friedrich-Loeffler-Institut).
Wie äußert sich BTV-3?
Klinische Symptome werden insbesondere bei Schafen beobachtet. Hier endet eine Infektion meistens tödlich. In abgeschwächter Form treten die Symptome auch bei Rindern auf. Die Tiere leiden unter hohem Fieber, geschwollener Zunge, Fressunlust, Speicheln, Läsionen im Maul und an der Zunge. Bei Milchrindern kommt es zusätzlich zu einem deutlichen Leistungseinbruch und dadurch vor allem zu einem erheblichen wirtschaftlichen Schaden.
In unseren Betrieben sehen wir außerdem stark verdickte Hinterbeine vom Fesselgelenk abwärts bei infizierten Tieren. Zudem kommt es häufiger zu Totgeburten, anschließendem Festliegen und Verendung ca. 3-4 Tage nach der Kalbung. Wichtig zur Diagnostik: Eine Infektion geht immer mit hohem Fieber einher.
Wie kann ich meine Tiere schützen?
Ein Schutz vor schweren Krankheitsverläufen kann durch die Impfung erreicht werden. Auf Basis einer Eilverordnung wurde im Juni die Anwendung von BTV-3-Impfstoffen gestattet. Seitdem haben wir einen Impfmarathon absolviert, der sich gelohnt hat. Die Nebenwirkungen der Impfung sind als recht gering einzustufen und die Unterschiede im Verlauf der Infektionen sind erheblich. Zudem empfehlen wir, die Tiere mit Repellentien zu behandeln, um Mücken abzuwehren.
Da der Impfstoff die Virämie (Verbreitung des Virus im Blut) nicht in jedem Fall verhindern kann, kommt es z.T. auch bei geimpften Tieren zu Virämien. Bei diesen Tieren beobachten wir einen Tag lang hohes Fieber, das dann schnell wieder abklingt. Einen Leistungsverlust sehen wir nicht.
Wer bisher Sorge hatte, sollte sich spätestens jetzt ohne Bedenken für eine Impfung entscheiden. BTV-3 wird uns auch im nächsten Frühjahr ein treuer Begleiter sein und nicht weniger gefährlich für die Tiere werden. Wir sehen deutliche Leistungsverluste und viele tote Tiere in ungeimpften Betrieben, während unsere Impfbetriebe keine Verluste zu verzeichnen hatten.
Gut zu wissen: Die Tierseuchenkassen der Länder leisten einen Zuschuss zu den Kosten, die pro Impfung entstehen. Aber auch ohne diesen Zuschuss lohnt sich eine Impfung in jedem Fall! Impfen rettet Leben!
Welche Verbringungsregeln gelten jetzt?
Zucht- und Nutztiere
Zucht und Nutztiere dürfen in die Niederlande oder in BTV-freie Zonen innerhalb von Deutschland transportiert werden, wenn:
- Tiere wurden innerhalb der letzten 14 Tage vor der Verbringung mit negativem Ergebnis einem PCR-Test auf BTV-3 unterzogen und wurden mindestens 14 Tage vor der Probennahme und bis zum Verbringungszeitraum durch Insektizide oder Repellentien geschützt.
- Nachdem Hessen am 5. Juli 2024 den Status „frei von BTV“ verloren hat, dürfen Wiederkäuer und Kameliden aus NRW, Niedersachsen, Bremen und Rheinland-Pfalz ohne weitere tiergesundheitliche Untersuchungen in hessische Betriebe eingestellt werden. Umgekehrt gilt dies auch für Tiere aus hessischen Betrieben.
Schlachttiere
Schlachtrinder, -schafe und -ziegen dürfen unter folgenden Bedingungen zu einem Schlachthof verbracht werden:
- Tiere sind zur sofortigen Schlachtung bestimmt
- In ihrem Ursprungsbetrieb wurde in den letzten 30 Tagen vor dem Verbringen kein Fall von BTV nachgewiesen
- Tiere werden direkt zum Bestimmungsschlachthof transportiert und dort innerhalb von 24 Std. nach der Ankunft geschlachtet
- Zusätzlich hat der Betreiber des Herkunftsbetriebes den Betreiber des Bestimmungsschlachthofes mind. 48 Std. vor der Verladung der Tiere über die Verbringung informiert